Aristeides von Athen
athenischer Staatsmann
Aristeides war Schelling aus der antiken Literatur bekannt. Unter diesem Namen werden zwei griechische Maler, vermutlich Großvater und Enkel, geführt, weshalb sowohl Datierung als auch Abfolge der bei Plinius mit vielen Werken erwähnten Künstler umstritten sind. Eine zeitgenössische Vorformulierung der Darstellung des athenischen Volkes durch Aristeides konnte Schelling in Winckelmanns "Gedancken über die Nachahmung der griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst" (1755) finden. Dort heißt es: "Aristides, ein Mahler, der die Seele schilderte, hat so gar, wie man sagt, den Character eines gantzen Volcks ausdrücken können. Er mahlete die Athenienser, wie sie gütig und zugleich grausam, leichtsinnig und zugleich hartnäckig, brav und zugleich feige waren." (Winckelmann, Gedancken, S. 46). Winckelmann verbesserte genau diese Stelle in der zweiten Auflage von 1756, indem er Aristeides durch Parrhasios ersetzte: "Parrhasios, ein Maler der wie Aristides die Seele schilderte, hat sogar, wie man sagt [etc.]" (Winckelmann, Sendschreiben, S. 35). Schelling hat also sicher die Erstauflage der Winckelmannschen Schrift benutzt, oder zumindest in Erinnerung gehabt. Trotzdem scheint er die betreffende, sich eindeutig auf Parrhasios beziehende antike Textstelle (Plinius, nat. hist. XXXV, § 69, S. 60-61) aus der Quelle übersetzt zu haben. Schelling weicht deutlich von der Wortwahl Winckelmanns ab, allerdings ohne dessen inhaltlichen Irrtum seinerseits zu korrigieren. Vgl. den Katalogbeitrag zu Parrhasios.
In AA Bd. II,6 auf S. 262, 625